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Tawāf

[2016]

 

Kompositionsauftrag der Internationalen Ensemble Modern Akademie 

 

 

Besetzung: verstärktes Klavier_großes Ensemble und Elektronik

Dauer: 15'

Entstehung: 16.03.2016 - 17.08.2016

Entstehungsorte: Frankfurt_Köln_Tolstefanz_Salzburg_München_Kassel_ Mönchengladbach

Widmungsträger: IEMA-Ensemble 2015/16, Jim Igor Kallenberg, Jiri Rozen, Samuel Solis Serrano, Cansu Yalcin

 

 

Aufführungshistorie: 

  • 29.09.2016_ZKM_Karlsruhe_Neus Estarellas Calderon (Klavier), Pablo Druker (Dirigent), IEMA-Ensemble
  • 22.09.2016_HfMDK_Frankfurt am Main_Neus Estarellas Calderon (Klavier), Pablo Druker (Dirigent), IEMA-Ensemble 
  • 09.09.2016_Klangspuren Festival_Schwaz_Österreich_Neus Estarellas Calderon (Klavier), Pablo Druker (Dirigent), IEMA-Ensemble 

 

 

Werkkommentar:

Tawāf stellt die Kulmination einer mehrjährigen kompositorischen Beschäftigung mit dem Klavier dar. Das „Klavierkonzert“ ist als Polywerk konzipiert: Es beinhaltet die drei Formteile meines Werkes A.Q. II für verstärktes Klavier und Elektronik [2015] und Alaq für Klavier, welches das erste Stück des Alaq-Zyklus ist. Seit mehreren Jahren erforsche ich intensiv diverse Klänge im Innenraum des Klaviers, die mit Stimmgabeln verschiedener Frequenzen produziert werden. Die Bandbreite dieser Stimmgabelklänge ist sowohl in ihrer Anzahl, als auch in ihrer phänomenologischen Verschiedenartigkeit enorm. Sie können sehr klar auftreten oder auch in einer klanglichen Fragilität, die sich an den Grenzen der Wahrnehmung bewegt. 

Die Stimmgabel hat in meinem Werk auch symbolischen Charakter und steht für die Reinheit der menschlichen Stimme, konkreter: für die Stimme des Koranrezitators. Die Koranrezitation dient in diesem Werk, wie auch in A.Q.A.R. [2014| für Ensemble und Zuspiel, als Ausgangspunkt für die musikalische Struktur. Die Rezitation der 37. Sure (As-Saffat: dt. „die sich Reihenden“) diente als analytischer Ausgangspunkt. Aus dieser wurden diverse Parameter, Formverläufe, Energiezustände generiert. 

 

Formal gliedert sich das Werk – äquivalent zu den neun Pilgerstationen der Haddsch (Pilgerreise) –  in neun Teile, wobei der Gliederung ein zyklischer Gedanke zugrunde liegt: „Mikat – Mekka – Mina – Muzdalifah – Arafat (Höhepunkt: Gott wird um Vergebung gebeten) – Muzdalifah – Mina – Mekka (Tawāf)– Mikat“. Der Tawāf bezeichnet die siebenmalige rituelle Umkreisung der Kaaba in Mekka, die nach strengen Regeln zu erfolgen hat. 

 

Im siebten Teil siedelt sich die „Klavierkadenz“ an. Es ist der einzige Teil mit elektronischem Zuspiel und arbeitet mit demselben Material wie das Live-Klavier. Es stellt eine utopische Erweiterung des Klaviers dar, da die verschiedenen Stimmgabeltechniken hier uneingeschränkt in den Parametern Dichte und Geschwindigkeit sind. Die Kadenz generiert sich aus der Rezitation der 96. Sure (Alaq). 

 

Mein Werk möchte durch eine kritisch-künstlerische Auseinandersetzung mit der Koranrezitation eine diskursive Interkulturalität in der Kunstmusik des 21. Jahrhunderts erreichen, welche für unser globales Zeitalter von höchster Priorität ist.